Kündigungswelle nach Feuern eines Chefredakteurs

Ein Nachrichtenportal enthüllt Unangenehmes über János Lázár, der als Kronprinz von Ministerpräsident Orbán gilt. Kurz darauf gibt der Chefredakteur seinen Posten auf. Gibt es einen Zusammenhang?

Normalerweise dient die Facebook-Seite der Nachrichtenredaktion des ungarischen Internetportals Origo.hu dazu, ihre Artikel an die Leser zu bringen. Am Donnerstag stand dort in eigener Sache zu lesen: Zehn Redakteure haben hingeschmissen. Zehn von 16. Das Nachrichtenportal vs.hu berichtete zugleich, das sei nur der Anfang. Ein großer Teil der Redakteure des Wirtschafts- und des Fotoressorts würden in den nächsten Tagen ebenfalls kündigen. Die Kollegen der Videoredaktion hätten das schon getan. Bereits gekündigt hatten Origo-Gründer Peter György, und der stellvertretende Chefredakteur András Pethö.

Mit ihm war eigentlich der Stein ins Rollen gekommen. Er hatte ein paar Artikel geschrieben, die einem mächtigen Politiker überhaupt nicht gefielen: János Lázár, Leiter des Ministerpräsidentenamtes im Rang eines Ministers. Zuständig unter anderem für Medienpolitik, und allgemein als “Kronprinz” gehandelt, wenn eines fernen Tages der politisch scheinbar unbezwingbare Ministerpräsident Viktor Orbán des Regierens müde werden sollte.

Um Lázár ging es in den Berichten. Origo schrieb über Hotelrechnungen des Orbán-Getreuen, 6600 Euro für sechs Tage, beglichen aus der Staatskasse. Und dass das eigentlich private Übernachtungen gewesen seien. Der Politiker geriet so sehr in die Zwickmühle, dass er er es vorzog, die Summe zurückzuzahlen.

Seine Argumentation kam dabei aus der Schatzkiste ungarischer Politabsurditäten: Er habe nur deswegen zurückgezahlt, um nicht vor Gericht gezwungen zu werden, offenzulegen, mit wem er sich in diesen Hotels getroffen habe. Denn er sei fürwahr im Auftrag Viktor Orbáns gereist, die Staatsspesen seien mithin rechtens, es sei um wichtige Dinge gegangen, und die Namen seiner Gesprächspartner dürften auf keinen Fall publik werden. Sie müssten aber offenbart werden, sollte Lázár die Rechtmäßigkeit seiner üppigen Rechnungen als dienstliche Spesen vor Gericht belegen müssen.

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