Mit einer Werbesteuer will die Regierung von Viktor Orbán die letzten unabhängigen Medien Ungarns zum Schweigen bringen. Sogar die regierungstreue Presse läuft dagegen Sturm.
“Jetzt geht die Regierung der Pressefreiheit in Ungarn an die Gurgel.” Diesen Satz schrieb nicht – wie man denken sollte – ein Kritiker von Premier Viktor Orbán, sondern ausgerechnet einer seiner treuesten Anhänger: Péter Csermely, stellvertretender Chefredakteur des regierungstreuen Blattes “Magyar Nemzet” (“Ungarische Nation”). Csermelys Entrüstung richtet sich gegen Pläne, Medien eine Sondersteuer aufzuerlegen – und was Orbán plant, kann er auch umsetzen. Er weiß eine Zweidrittelmehrheit im Parlament hinter sich.
Dem Entwurf zufolge sollen die Werbeeinnahmen von Medienunternehmen zum Teil drastisch besteuert werden – zusätzlich zu sonstigen Steuern und nach Umsatz, statt nach Ertrag. Steuerfrei wären demnach Werbeumsätze unter 500 Millionen Forint (rund 1,6 Millionen Euro), danach folgen Steuersätze von 10 bis 30 Prozent, ab einem Werbeumsatz von 50 Milliarden Forint (rund 65 Millionen Euro) fallen 40 Prozent Steuern an. Vom Höchstsatz wären zwei Fernsehsender betroffen, darunter RTL Klub, der bisher nicht von der Regierung kontrolliert wird. Auch kleinere Fernseh- und Radiostationen, beispielsweise ATV, Ungarns einziges unabhängiges News-TV, würden durch die geplante Steuer in große wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten oder müssten sogar Konkurs anmelden.
“Die Werbesteuer ist ein Mittel der Regierung, denjenigen Teil der unabhängigen Presse abzuwürgen, der noch nicht unter ihrer Kontrolle ist”, sagt Zsolt Bogár, stellvertretender Chefredakteur des Online-Portals der Wochenzeitung “hvg”. Wie viele unabhängige Medien leidet auch “hvg” darunter, dass immer weniger Unternehmen Anzeigen in regierungskritischen Medien schalten wollen, weil sie fürchten, staatliche Aufträge zu verlieren.
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