Ungarns Premier Viktor Orbán fühlt sich von Brüssel zu Unrecht kritisiert, er und seine Parteifreunde seien “keine netten Kerle vom Mainstream”. Der 49-Jährige setzt vor allem auf nationale Lösungen. Von Boris Kálnoky
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán und seine Regierung stehen unter besonderer Beobachtung der Europäischen Union. Er und seine regierende Partei Fidesz hebelten staatliche Organe wie das Verfassungsgericht aus, heißt es in Brüssel. Der Premier sieht das naturgemäß ganz anders. Er hält die EU für zu unflexibel und doktrinär, um den Herausforderungen der Krise zu trotzen. Orbán gab dieses Interview der “Welt” gemeinsam mit der “Frankfurter Allgemeinen Zeitung” und dem “Kurier” aus Wien.
Die Welt: Herr Orbán, warum werden Sie nicht auf der Sitzung des Europa-Parlaments am Mittwoch zugegen sein, auf der es auch um Vorwürfe gegen Ungarns 4. Verfassungsnovelle gehen wird?
Viktor Orbán: Einerseits findet an jenem Tag das Staatsbegräbnis Margaret Thatchers statt, an dem ich teilnehme. Zum anderen werden drei der Fraktionsvorsitzenden im Europaparlament gar nicht anwesend sein. Ich habe daher den EP-Vorsitzenden Martin Schulz angerufen und ihn gefragt, was er mir denn rät, und er hat mir vorgeschlagen, lieber zur Plenarsitzung im Mai oder im Juni zu kommen – je nach dem, wann der Tavares-Bericht vorgestellt wird. (Zur Lage der EU-Grundrechte in Ungarn, die Red.) Zudem hatte ich schon vorher der Europäischen Volkspartei zugesagt, am Dienstagabend an deren Fraktionssitzung teilzunehmen, wo es ebenfalls um Ungarn gehen wird. Diese Verpflichtung möchte ich erfüllen, weil die EVP für uns der Schlüsselfaktor ist.