Es vergeht kein Tag, an dem die derzeitigen ungarischen Machthaber nicht beweisen, dass sie nicht europareif sind. Wenn man nämlich Europa als eine Vereinigung wirklich demokratischer, humanistischer, freier, fairer Staaten versteht. Natürlich kann man lange darüber diskutieren, was Demokratie ist und ob das wirklich die ideale Staatsform ist. Worüber man nicht diskutieren kann, ist die Tatsache, dass bisher niemandem eine bessere Staatsform eingefallen ist und die Verfehlungen in anderen Staaten nicht die stete Bewegung hin zur Diktatur in Ungarn rechtfertigen können.
Ein Land, in dem Überfälle auf Roma und Sinti ebenso an der Tagesordnung sind wie offener Antisemitismus. Ein Land, in dem eine rassistische, antisemitische, xenophobe Partei im Parlament sitzt. Ein Land, das den extrem-nationalistischen Mythos von “Großungarn” wieder aufleben lässt und dabei Konflikte mit anderen EU-Staaten durchaus billigend hinnimmt. Ein Land, in dem die Ärmsten der Armen – Obdachlose – für ihre Armut bestraft werden. Ein solches Land hat in jenem Europa, das uns allen vorschwebte, als wir für den österreichischen EU-Beitritt stimmten, ganz sicher nichts verloren.
Ja, nach dem Zerfall der Sowjetunion und dem Ende des erzwungenen, angeblich real existierenden Sozialismus in Ost- und Mitteleuropa schien es zwingend notwendig zu sein, all jene Staaten, die unter dem sowjetischen Diktat gelebt hatten, schnellstens das freie, demokratische Europa zu führen. Aber eben nicht alle diese Staaten haben die nötigen Hausaufgaben gemacht.