In Ungarn werden Opern- und Theaterintendanten entlassen, ihre Stellen erhalten regierungstreue Künstler. Nun musste auch der Dirigent Lászlo Kovács aus politischen Gründen seinen Posten räumen. Der ungarische Dirigent Iván Fischer beobachtet in seinem Land eine «scheussliche Entwicklung».
Es ist höchst beunruhigend, was aus Ungarn zu hören ist. Offenbar steht die Orchesterszene des Landes vor einer Art Säuberungswelle, die politisch motiviert ist. Wie das Fachmagazin ResMusica berichtet, wurde László Kovács als Leiter des Sinfonieorchesters in Miskolc entlassen. 30 Jahre lang hat der Dirigent das Ensemble angeführt.
Neue politische Realitäten
Der Rausschmiss sei erfolgt, weil Kovács den «neuen politischen Realitäten» nicht entspreche, wird Ádám Horváth, Manager des Orchesters, zitiert. Neu sind solche Berichte aus Ungarn nicht. Seitdem Viktor Orbán eine rechtspopulistische Regierung anführt, sind nicht nur die Unabhängigkeit der Justiz sowie die Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit massiv eingeschränkt: Auch im Kulturleben selber wird seit 2010 «aufgeräumt».
So wurden Opern- und Theaterintendanten gefeuert und durch regierungsnahe Kräfte ersetzt. In den vergangenen Jahren haben bereits Musiker wie András Schiff oder Christoph von Dohnányi lautstark gegen diese Entwicklung protestiert. Auch Iván Fischer hat sich zu Wort gemeldet. Vor 30 Jahren hat der Dirigent und Komponist das berühmte Budapest Festival Orchestra gegründet.
Neuer Antisemitismus
«Ungarn ist natürlich in einer scheusslichen Entwicklung, das ist eine Fahrt in den Abgrund», sagt Fischer im Gespräch und verweist nicht zuletzt auf den neuen Antisemitismus im Land.
Tatsächlich warnen die jüdischen Gemeinden in Europa schon seit Jahren, dass sich Juden in Ungarn zusehends bedroht und verfolgt fühlten. «Ja, es gibt eine Hasswelle», bestätigt Fischer. Deswegen haben bereits viele ungarische Künstler ihre Heimat verlassen. Auch Fischer, der böhmisch-jüdischer Herkunft ist, liess jetzt seine Familie.
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