Orbán will mehr Effizienz in Parlamentsdebatten

Bedeutet weniger Parlament mehr Inhalt? Oder eben doch weniger Demokratie? Ein umstrittener Gesetzentwurf in Ungarn sorgt für Aufregung. Es soll weniger debattiert und mehr argumentiert


Innenansicht: Das Oberhaus des ungarischen Parlaments in Budapest

Einmal mehr liefert Ungarns Regierung ihren schrillsten Kritikern die besten Argumente: Ein neuer Gesetzentwurf soll das Parlament seiner Funktion berauben, so heißt es links. Demokratie war gestern. Es geht um eine 200 Seiten starke Empfehlung zur Änderung der Hausregeln des Parlaments. Vorab: Es ist nur ein Anfang Dezember eingereichter Entwurf, abgestimmt wird darüber wohl erst im Februar. Aber allein der Aufschrei, den die Pläne verursachten, lassen annehmen, dass sich an dem Entwurf noch einiges ändern wird.

Tatsächlich ist nicht alles schlecht an den Plänen: Vor allem wird eine längere Frist angesetzt zwischen der Einreichung eines Gesetzentwurfes und dessen Verabschiedung. Bisher bekommen Abgeordnete heute meist einen Vorschlag am Freitag auf den Tisch, über den sie dann bereits am Montag abstimmen sollen. Der neue Plan sieht also mehr Zeit vor, um Entwürfe zu lesen und zu verstehen – und damit auch mehr Zeit für eine inhaltliche Debatte.

Umso inhaltlicher, als der umstrittenste Teil des Entwurfs die eigentlichen Debatten aus dem Rampenlicht der Öffentlichkeit nehmen möchte. Diskutiert werden soll fortan vor allem in den Ausschüssen, um die Versuchung zu verringern, Zirkusnummern im Parlament zu produzieren.

Tatsächlich sah es in der letzten Zeit öfter danach aus: Besonders die rechtsextreme Jobbik-Partei hat das Parlament pervertiert und in eine Plattform für medienwirksame Skandale verwandelt. Etwa, als die rechtsradikalen Abgeordneten vor einigen Monaten das Rednerpult stürmten und dort die Regierungspartei Fidesz als Vaterlandsverräter beschimpften.

Oder als Jobbik-Vertreter forderten, die Juden im Parlament aufzulisten. Die beiden Parteien werden in den westlichen Medien zwar oft als geistesverwandt bezeichnet, in Wirklichkeit liefern sie sich im Parlament von Budapest einen Kampf bis aufs Blut. Auch die jetzigen Pläne sind vor allem gegen Jobbik gerichtet. Niemand will, dass die Rassistenpartei wieder 17 Prozent der Stimmen schafft wie bei den letzten Wahlen.

weiter: DieWelt

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